Das Land
Georgien liegt in Vorderasien, wird aber von seinen Bewohnern als „Balkon Europas“ bezeichnet. Nach alternativen Varianten der innereurasischen Grenze wird Georgien ganz oder teilweise Europa zugerechnet. Seine Fläche entspricht mit 69.700 Quadratkilometern ungefähr der von Bayern. Gebirge und Vorgebirge bedecken 87 Prozent des Landes. Im Norden liegt die Südabdachung des Großen Kaukasus. Im Süden befinden sich die westlichen Rücken des Kleinen Kaukasus und der Rand des vulkanischen Armenischen Hochlandes. Zwischen den beiden Hochgebirgen dehnt sich im Westen die Kolchische Tiefebene (nach dem antiken Kolchis), im Osten die Transkaukasische Senke, die sich in die Innerkartli-, die Niederkartli- und die Alasani-Ebene unterteilt. West- und Ostgeorgien werden durch den Lichi-Gebirgszug getrennt, der sich von Norden nach Süden erstreckt.
Der höchste Berg ist der Schchara im Großen Kaukasus mit 5201 Metern. Der längste Fluss Georgiens ist die insgesamt 1364 km lange Kura (georgisch Mtkwari), die das Land in ihrem Oberlauf vom Süden (Kleiner Kaukasus) nach Osten auf 351 Kilometer Länge durchzieht. Weitere Flüsse sind der Alasani (351 km), der Rioni (333 km) und der Enguri (213 km). Größter See ist der auf 2073 Metern Höhe gelegene Parawani mit einer Ausdehnung von 37,5 Quadratkilometern. Die Werjowkina-Höhle ist mit 2212 Metern die tiefste bekannte Höhle der Welt.
Die Geschichte
Landesname
Von 1991 bis 1995 lautete der amtliche Landesname „Republik Georgien“ (საქართველოს რესპუბლიკა/Sakartwelos Respublika).[38] Seit Inkrafttreten der aktuellen Verfassung lautet er „Georgien“ (საქართველო/Sakartwelo).[39] Nach der russischen Bezeichnung Грузия/Grusija wurde das Land im Deutschen früher auch „Grusien“ oder „Grusinien“ bezeichnet.
Aus dem Gebiet des heutigen Georgien stammen frühe Hominidenfunde aus dem Paläolithikum (Dmanisi). Das Neolithikum beginnt bereits im 8. Jahrtausend. Metallverarbeitung setzt im frühen dritten Jahrtausend v. Chr. mit der frühbronzezeitlichen Kura-Araxes-Kultur ein. Man geht davon aus, dass die erste Eisenbearbeitung durch den Stamm der Chalyber erfolgte. Er wurde durch seine geschickten Schmiede bekannt.
Im 6. Jahrhundert v. Chr. entstanden die Staaten Kolchis (West-Georgien) und Iberien (Ost-Georgien). Später unterwarfen die Römer das Land. Auf die Römer folgten als Eroberer die Perser, die Byzantiner und die Araber.
Mittelalter (11. bis 18. Jahrhundert)
Am Ende des zehnten Jahrhunderts wurde Georgien in seinem „goldenen Zeitalter“ vereint. Die langjährige Abhängigkeit vom Byzantinischen Reich wurde abgeschüttelt. Unter Dawit dem Erbauer und Königin Tamar wurde Georgien zwischen dem elften und 13. Jahrhundert die stärkste Macht in Transkaukasien. Es folgte eine mongolische Invasion unter Timur. Im 16. Jahrhundert zerfiel Georgien in die Königreiche Imeretien, Kachetien und Kartlien sowie fünf Fürstentümer, die unter osmanischem und iranischem Einfluss standen.
Neuzeit (18. und 19. Jahrhundert)
1783 schloss Ostgeorgien (Kartlien-Kachetien) einen Schutzvertrag mit Russland. 1801 wurde Kartlien-Kachetien per Dekret des Zaren annektiert und sein Königshaus entthront. Die Regionen im Westen des Landes blieben noch ein Jahrzehnt lang staatlich unabhängig. Erst 1810 eroberte Russland das georgische Königreich Imeretien. Russland brauchte weitere 54 Jahre, um die vollständige Kontrolle über Westgeorgien zu gewinnen. Die Region Gurien wurde 1828 abgeschafft, Mingrelien 1857. Die Region Swanetien wurde im Kaukasuskrieg zwischen 1857 und 1859 annektiert, das Fürstentum Abchasien 1864. Im russischen Kaiserreich gehörte der westliche Teil Georgiens zum Gouvernement Kutaissi, der östliche Teil zum Gouvernement Tiflis.
Erste und Zweite Republik (20. Jahrhundert)
Nach der Oktoberrevolution erklärte sich Georgien am 26. Mai 1918 unabhängig und zur demokratischen Republik. Artikel 1 des Gesetzes vom 22. November 1918 über die Wahlen zu gesetzgebenden Gremien, das das aktive und passive Frauenwahlrecht garantierte, wurde vom Nationalen Rat und dem Ministerrat angenommen.
Am 16. Februar 1921 wurde die Demokratische Republik Georgien von der Roten Armee besetzt und in die Sowjetunion eingegliedert, zunächst, von 1922 bis 1936, als Teilgebiet der Transkaukasischen SFSR, dann, nach deren Auflösung, als Georgische SSR, die bis zum Ende der Sowjetunion im Jahre 1991 bestand. Im Verband der Sowjetunion erlebte Georgien die Industrialisierung, die georgische Landwirtschaft spezialisierte sich auf den Export südländischer Früchte und die Republik wurde zu einer der wichtigen Tourismus- und Urlaubsregionen des Landes.
Dritte Republik
Im zeitlichen Zusammenhang mit dem sowjetischen Reformprozess (Perestroika und Glasnost) entwickelte sich in den späten 1980er Jahren eine starke georgische Unabhängigkeitsbewegung. 1989 kam es in der georgischen Hauptstadt Tiflis wiederholt zu Massendemonstrationen. Im Oktober 1990 gewann ein breites Parteienbündnis um den Dissidenten Swiad Gamsachurdia die Parlamentswahlen. Am 9. April 1991, noch vor dem Augustputsch in Moskau, der den Zerfall der Sowjetunion beschleunigte, erklärte sich Georgien erneut unabhängig. Es kam zu Sezessionskriegen in Abchasien und Südossetien. Wegen der starken Militärpräsenz Russlands hat die georgische Regierung allerdings noch heute keine Kontrolle über Teile ihres Territoriums.
Georgiens erster Präsident nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit, Swiad Gamsachurdia, wurde Anfang 1992 durch einen Putsch abgelöst. Sein Nachfolger wurde der frühere georgische KP-Chef und sowjetische Außenminister Eduard Schewardnadse. Er leitete demokratische Reformen ein. Die Wirtschaft stagnierte jedoch auf niedrigem Niveau. Hinzu kamen eine weitverzweigte Korruption und regelmäßige Wahlfälschungen.
Seit 2000
Im November 2003 wurde Schewardnadse durch die Rosenrevolution von der Macht verdrängt. Im Januar 2004 wurde Micheil Saakaschwili mit 96 Prozent der Stimmen zum neuen Präsidenten gewählt. Premierminister wurde Surab Schwania. Für wichtige Reformfelder wurden erfolgreiche Auslandsgeorgier als Minister ins Land geholt. Als vorrangige politische Ziele wählte die Regierung die Entbürokratisierung (und damit die Entmachtung alter Eliten und Netzwerke) sowie die wirtschaftliche Liberalisierung aus. Durch die drastische Straffung der staatlichen Verwaltung konnte die Finanzierung des Staatsapparats auf eine stabile Basis gestellt werden. Der dadurch ermöglichte systematische Anstieg der Gehälter und eine soziale Absicherung machten den Staatsdienst für junge und qualifizierte Arbeitskräfte attraktiv, was zu einer Stärkung der staatlichen Institutionen führte. Die Privatisierung des staatlichen Sektors wurde von einer Gegenelite vorangetrieben, die aus der Diaspora zurückkehrte und über Kontakte zu wichtigen ausländischen Investoren verfügte, sich jedoch durch diese Projekte auch extrem bereicherte. Die Staatsschulden gingen 2004 erstmals zurück.
Korruption und Kriminalität wurden energisch verfolgt, wenngleich sich viele Maßnahmen gegen Vertreter der Opposition richteten und radikale Mittel ergriffen wurden. So wurden im April 2004 alle 16.000 Verkehrspolizisten fristlos entlassen. Das führte jedoch dazu, dass die „georgische Mafia“ in der Folge verstärkt in Westeuropa operierte, was 2010 zur Operation Java führte. In dieser Zeit stieg Georgien im Korruptionswahrnehmungsindex der Transparency International vom Platz 133 im Jahr 2004 auf Platz 51 im Jahr 2012, höher als Italien, Lettland und Tschechien. Dabei ist die früher allgegenwärtige Alltagskorruption („petty corruption“) praktisch verschwunden. Transparency International stellte 2019 fest, dass die Antikorruptionsmaßnahmen die Korruption mit hohen Beträgen bestehen ließen, die aufgrund von Systemschwächen schwer einzudämmen sei.
Es gelang Saakaschwili auch, den adscharischen Machthaber Aslan Abaschidse zu vertreiben und Adscharien mit Georgien wiederzuvereinen. Am 3. Februar 2005 verstarb Premierminister Schwania. Das Amt übernahm Finanzminister Surab Noghaideli. Die Unzufriedenheit mit der neuen Regierung nahm jedoch bald ähnliche Formen an wie 2003. Nach Massenprotesten gegen die Regierung vom 2. bis 7. November 2007 wurde Lado Gurgenidse neuer Premier. Präsident Saakaschwili trat am 25. November zurück, um den Weg für Präsidentschafts-Neuwahlen am 5. Januar 2008 frei zu machen. Das amtliche Endergebnis dieser Wahlen erklärte den bisherigen Amtsinhaber Saakaschwili mit 53,47 Prozent der ausgezählten Wählerstimmen zum Wahlsieger.
Im August 2008 eskalierte der Südossetien-Konflikt erneut und es kam zum offenen Krieg mit Russland, gemäß einem späteren EU-Bericht angestoßen durch Georgien: Nach wiederholten Scharmützeln begann die georgische Armee, in Fehleinschätzung der eigenen militärischen Möglichkeiten, einen Angriff auf Südossetien. Russische Truppen marschierten in Südossetien und Abchasien ein und besetzten Teile des georgischen Kernlands. Die fünf Tage dauernden Kampfhandlungen forderten 850 Menschenleben und führten zeitweilig zur Flucht von mehr als 130.000 Menschen. In der Folge erkannte Russland die Unabhängigkeit Abchasiens und Südossetiens an und möchte die beiden Gebiete in die Eurasische Union aufnehmen. Dazu wäre es nötig, dass Belarus, Kasachstan und Armenien deren Unabhängigkeit ebenfalls anerkennen, was sie in eine offene Konfrontation mit Georgien brächte. „Deshalb hat Moskau nun den Plan ausgeheckt, die beiden Gebiete stärker zu «integrieren»“, sagte (im Oktober 2014) Dawit Ussupaschwili, für Georgien „ein weiterer Schritt hin zur definitiven Annexion“. 10 Jahre nach dem erfolglosen Angriff georgischer Truppen auf Südossetien forderten am 8. August 2018 sowohl die USA als auch Kanada über die Außenministerien den Rückzug der russischen Truppen aus Abchasien und Südossetien.
Nach zwei Amtszeiten durfte Saakaschwili 2013 nicht mehr zu den Präsidentschaftswahlen antreten; sein Nachfolger war von November 2013 bis Dezember 2018 Giorgi Margwelaschwili. Dieser wurde von Salome Surabischwili abgelöst.
Im Oktober 2019 erlitt Georgien einen auffällig umfangreichen Cyberangriff, der mehr als 2000 georgische Websites betraf. Teilweise wurden die Startseiten ersetzt durch eine Botschaft über die angebliche Rückkehr Saakaschwilis. Auch die TV-Sender Imedia und Maestro wurden angegriffen und konnten nicht mehr senden.
Nach dem Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine reichte Georgien am 3. März 2022 ein Beitrittsgesuch für die Europäische Union ein. Zuvor hatte bereits die Republik Moldau diesen Antrag gestellt.
Quelle Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/Georgien